Montag, 03.10.2022

Das Rätsel der fehlenden Geier in Australien

In Australien leben keine Geier. Das war nicht immer so. Neue Analysen von fossilen Knochen geben Aufschluss über die Vergangenheit der Geier in Australien.
 

Altweltgeier lebten einst auch in Amerika

Altweltgeier sind heute in Afrika, Europa und Teilen Asiens verbreitet. Fossile Funde aus dem Zeitalter des Pleistozän, das vor ca. 2.4 Mio. Jahre begann und vor rund 11'000 Jahren endete, zeigen, dass sie auch in Nord- und Südamerika vorkamen.

In Australien gab es bisher aber keine Belege für die Präsenz von Geiern aus dieser Zeit. Was für die Forscher ein Rätsel darstellte, waren doch die damals vorherrschenden Lebensbedingungen mit viel Grasland, Baumsavannen und Wüsten für Geier in Australien ideal.

Erster Nachweis für Geier in Australien

Paläontologinnen haben daher in einer aktuellen Studie die wenigen Fossilien, die bereits 1905 in einer Studie beschrieben wurden, einer erneuten Analyse unterzogen. Damals wurde die Knochen einem Adler zugeordnet, einem Vorfahren des heute in Australien lebenden Keilschwanzadler. 

Dank neuem Vergleichsmaterial aus Knochen anderer Greifvogelarten konnten die Forscher nun nachweisen, dass die Knochen nicht von einem Adler, sondern tatsächlich von einem Geier stammen. Weil sich Geier von toten Tieren ernähren und nicht jagen, unterscheidet sich die Struktur ihrer Knochen von derjenigen der Adler, die häufig Beute jagen.

War der Verlust der Megafauna das Ende der australischen Geier?

Die neu bestimmte Geierart hat den Namen Cryptogyps lacertosus erhalten, was «kräftiger versteckter Geier» bedeutet. Sie muss Mitte bis Ende Pleistozän in Südaustralien weit verbreitet gewesen sein.

Vermutlich hängt ihr Verschwinden mit dem Massensterben zusammen, das sich vor ca. 50'000 Jahren ereignete und zum weltweiten Verschwinden der Megafauna führte. Auch in Australien starben ungefähr 79 der grossen Säugetierarten aus. Möglicherweise steht dies mit der Ankunft der ersten Menschen auf diesem Kontinent in Zusammenhang. Auf jeden Fall ist davon auszugehen, dass durch die Aussterbewelle den Geiern als Aasfresser die Nahrung abhanden kam und sie in der Folge ausstarben.
 

Quelle

Mather, E. K., Lee, M. S. Y., & Worthy, T. H. (2022). A new look at an old Australian raptor places “Taphaetus” lacertosus de Vis 1905 in the Old World vultures (Accipitridae: Aegypiinae). Zootaxa, 5168(1), 1–23. https://doi.org/10.11646/zootaxa.5168.1.1

Aktuellste Beiträge

  • Donnerstag, 22.12.2022
    Die Highlights 2022
    Wir blicken auf ein ereignisreiches 2022 zurück und freuen uns, dass es ein gutes Jahr für die Bartgeier in der Schweiz war. Lassen Sie uns mit einige...
  • Mittwoch, 05.10.2022
    Die Schweiz wird zum Bartgeierland
    Die Wiederansiedlung der Bartgeier in den Alpen ist eine Erfolgsgeschichte. Mit insgesamt 138 ausgeflogenen Junggeiern seit der ersten erfolgreichen B...
  • Freitag, 30.09.2022
    Unser Jahresbericht im neuem Kleid
    Zum 30-jährigen Jubiläum haben wir unseren Jahresbericht neu gestaltet. Wir möchten, dass in unserer Berichterstattung die vielen schönen Bilder, die ...
  • Freitag, 30.09.2022
    Studie zeigt: Jagd ohne Blei ist wichtig
    In der Schweiz stellen immer mehr Jäger und Jägerinnen auf die Jagd mit bleifreier Jagdmunition um. Damit kann vermieden werden, dass Aas-Fresser mit ...
  • Donnerstag, 29.09.2022
    "twinten" für die Bartgeier
    Die Beobachtung eines Bartgeiers, der mit Leichtigkeit über unsere Gebirgslandschaft segelt, ist immer eine grosse Freude. Dabei geht leicht vergessen...
  • Freitag, 01.07.2022
    Raus zu den Geiern!
    Die Sommerferien stehen vor der Haustür. Besonders an schwülen Tagen lohnt sich ein Ausflug in die kühlen Berge. Mit etwas Glück kann man hier sogar B...